Carsten Spallek: „Am 18. September geht es um eine Richtungsentscheidung“
CDU-Bezirksstadtrat Carsten Spallek ist stolz, im Bezirk Mitte mehr Wohnungen, Spielplätze und Grünflächen geschaffen zu haben. Für die SPD-Vetternwirtschaft lässt er sich nicht vereinnahmen.
Vor einer Woche hat Mecklenburg-Vorpommern gewählt, wo die AfD durch die Decke geschossen ist und alle anderen Parteien verloren haben. Woran lag das und wie bewerten Sie das?
Ich vermute, dass das mit der allgemeinen bundespolitischen Lage zu tun hat, die mit der Flüchtlingsfrage verbunden wird. Hier gibt es offenbar Unsicherheit, Ängste und Sorgen und vielleicht auch Unverständnis über das, was passiert ist. Es wird aber auch Verlustängste geben, die zum Teil nicht begründbar sind, zum Teil aber real sind. Gerade Mecklenburg-Vorpommern ist ein ländlich geprägtes Land, in dem die Infrastruktur in den letzten Jahren ausgedünnt wurde. Für diese Entwicklung ist nicht unbedingt eine einzelne Partei verantwortlich, sorgt aber für eine unbehagliche Grundstimmung.
Aber wir können feststellen, dass bundespolitische Themen die landespolitische Wahl dominiert haben und dadurch die AfD ins Parlament gespült worden ist, oder?
Davon gehe ich aus. Die AfD selber hat jenseits von Wahlen bisher keine Erfolge vorzuweisen, weil sie bisher nicht in Verantwortung war – und wenn ich es richtig verstanden habe, will sie es auch gar nicht. Daran kann es also nicht liegen, dass sie so erfolgreich war.
Da kommen wir zu dem interessanten Problem, das uns als Berliner beschäftigt. Bald wird auch hier gewählt. Wie sind Ihre Erfahrungen: Diskutiert man hier in Berlin über landes- oder bundespolitische Themen?
Es waren in den letzten Wochen landespolitische Themen wie zum Beispiel Bildung und Wohnen in der Diskussion. Aber die Flüchtlingsfrage überlagert diese Themen und polarisiert die Debatte. Darin wird der Verwaltung oft ein gewisses Versagen zugeschoben. Aber es wird auch kritisiert, wie es zu dieser Entscheidung kam. Das löst eine Unzufriedenheit aus, die dann mitunter auch in Vorwürfe mündet, die nicht nachvollziehbar sind und auf Nachfrage auch nicht vertieft werden.
Zum Beispiel?
Auf Facebook poste ich die Erfolge der CDU, zum Beispiel dass wir im Jahr 2012 berlinweit auf Platz 6 bei Baugenehmigungen für Wohnungen waren und inzwischen Spitze sind. 2014 waren es 3.500 und im letzten Jahr 3.800 Baugenehmigungen. Daraufhin wird mir vorgeworfen, dass es sich nur um Wohnungen für gut- und besserverdienende Menschen oder Flüchtlinge handeln würde. Der Vorwurf lautet hier, dass wir für „die Flüchtlinge“ alles tun und für „uns“ nichts. Wenn ich dann darauf aufmerksam mache, dass Flüchtlinge kaum in normalen Wohnungen untergebracht werden, sondern in Sammelunterkünften, und dass die in Mitte fertiggestellten Wohnungen dem normalen Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen, bekomme ich keine Antwort mehr.
Ein anderes Thema sind Spielplätze: Wir haben in den letzten Jahren 22 neue Spielplätze geschaffen, und in diesem Jahr kommen 10 dazu. Darauf erwidern manche: Sie belügen uns doch sowieso. Hier kommt man mit Fakten nicht weiter.
Sie sind Mitglied der CDU und als Stadtrat für die Stadtentwicklung im Bezirk Mitte zuständig. Auf der Landesebene haben Sie es aber mit einem Senator zu tun, der bei der SPD ist. Wie läuft hier die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit war früher besser als heute. Wir haben zwischen Land und Bezirk eine recht gute Aufgabenverteilung und dafür gute Formen gefunden. Beispielsweise wurde das Areal am Zoo, wo das Riesenrad gebaut werden sollte, das zu einem kleinen Teil zu Mitte und zu einem größeren zu Charlottenburg-Wilmersdorf gehört, einvernehmlich vom Senat bearbeitet.
Den Gesprächsfaden haben wir nach der unsäglichen Geschichte mit dem Skandal um die Wohnungsbefreiung am Leipziger Platz verloren. Nach den Akten zu urteilen, war die Entscheidung dafür von Senator Andreas Geisel schon längst getroffen, als Peter Strieder zu mir kam und fragte, ob ich eine Ausnahme genehmigen würde. Diese Frage konnte nur einen Zweck haben: Der Senator, der zufälligerweise dasselbe Parteibuch hat wie der Berater des Investors – also Strieder, der ebenfalls einmal Bausenator und SPD-Landesvorsitzender war –, wollte sich den Freundschaftsdienst vom CDU-Stadtrat Spallek absegnen lassen. Das habe ich natürlich abgelehnt.
Was waren hier in den letzten fünf Jahren Ihre größten Erfolge?
Wir haben neue und mehr Grünflächen. Ein prominentes Beispiel ist die Erweiterung des Mauerparks. Es ist die einzige Fläche an der ehemaligen Mauer, die man nicht in west-östlicher Richtung und umgekehrt überqueren kann, weil hier bis vor kurzem Kleingewerbetreibende waren. Wir haben es geschafft, die Grünfläche zu erweitern und im nördlichen Bereich Wohungen entstehen zu lassen. Diese Entscheidung ist auf den Weg gebracht worden, als viele von der Wohnungsnot zwar schon geredet haben, aber sie noch nicht akut war. Wenn wir jetzt erst mit den Planungen begonnen hätten, wäre es für viele Wohnungsuchende zu spät gewesen.
Was das Spielhallenunwesen angeht, ist das Gesetz am konsequentesten im Bezirk Mitte anwendet worden. Es ist der Bezirk, in dem schon vor der Übergangsfrist illegale Spielhallen geschlossen und hohe Bußgelder verhängt wurden. Normalerweise betragen die gerade einmal 500 oder 1.000 Euro – angesichts der hohen Umsätze ein Witz. Wir haben mit 40.000 Euro Berlins höchstes Bußgeld verhängt – und konnten das auch vor Gericht durchsetzen.
Schließlich ist der Zaun am Magdeburger Platz zu nennen. Jetzt können hier die Prostituierten nicht mehr ihrem Geschäft nachgehen und Müll hinterlassen. Wir mussten den Park aus Sicherheits- und Hygienegründen zeitweise sogar sperren, weil Kondome und Spritzen herumlagen. Heute sind der Platz und der dortige Spielgrund wieder sauber.
Was sind die Schwerpunkte in den nächsten fünf Jahren?
Das Thema Wohnen bleibt wichtig. Auch Normalverdiener müssen sich weiterhin die Mieten innerhalb des S-Bahnrings leisten können. Darüber hinaus werden die Themen Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung eine große Rolle spielen. Hier wurde in den letzten Jahren massiv gestrichen und der Etat für die Grünflächenpflege um die Hälfte gekürzt. Für die kleinen und großen Ärgernisse brauchen wir mehr Polizei und mehr Ordnungsamt auf der Straße. Wir müssen uns sicher fühlen können in der Stadt – das geht nur mit mehr Personal. Die spannende Frage wird sein, wie viel der Gesellschaft eine sichere und saubere Stadt wert ist.
Wie wichtig ist die Wahl am 18. September?
Ich glaube, dass es um eine Richtungsentscheidung geht. Die einzelnen Parteien haben unterschiedliche Zielsetzungen. Die Unterschiede zwischen SPD, Grünen und Linken sind auf jeden Fall kleiner als zur CDU, gerade in bezug auf Polizei und Sicherheit. Die CDU will hier mehr Respekt, die Grünen etwa wollen die Polizeihunde abschaffen, die den Beamten zur Selbstverteidigung und Nothilfe dienen.
Grundsätzlich muss man aber auch unterscheiden zwischen den etablierten Parteien, die zwar unterschiedliche Wertvorstellungen, Schwerpunkte und Zielsetzungen haben, aber alle letztlich das Gemeinwesen gestalten wollen, und denen, die Probleme nur benennen, aber keine Lösungsvorschläge machen, weil sie keine anbieten wollen und auch nicht können. Hier muss jeder wissen, dass seine Wahlentscheidung gravierende Konsequenzen hat.